Gilbert und Richard Frizberg, F-Energies Geschäftsführer und Gesellschafter in vierter und fünfter Generation, stellten sich den Fragen der Kleinen Zeitung. Sie sprachen dabei über Veränderungsdruck, Überbürokratisierung und den Mut, den es als Nachfolger in einem Familienunternehmen braucht.
Wie geht man als Energie- und Dienstleistungsunternehmen mit einer Gegenwart um, die von sehr viel Instabilität, Veränderungen und auch Unvorhersehbarkeiten geprägt ist?
RICHARD FRIZBERG: Ein Vorteil unserer Unternehmensgruppe ist, dass wir in einem Bereich tätig sind, der in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sicher sehr gefragt sein wird, weil wir Dienstleistungen erbringen, die in der aktuellen Transformation eine wichtige Rolle spielen. Einerseits in Österreich mit den Hereschwerken, wo wir als industrieller Dienstleister Elektro- und Gebäudeelektrotechnik anbieten und verstärkt auf den Ausbau von PV-Anlagen setzen. Andererseits weltweit mit der Global Hydro Energy, die elektromechanisches Equipment für Wasserkraftwerke liefert.
Hat sich in 135 Jahren Unternehmensgeschichte die Geschwindigkeit des Veränderungsdrucks erhöht?
GILBERT FRIZBERG: Ja.
RICHARD FRIZBERG: Und es wird noch schneller werden. Wir spüren das bei internen Prozessen und im Geschäft mit Kunden. Diesbezüglich ist die Agilität eines mittelständischen Unternehmens ein Vorteil, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Auf welche Hürden stoßen Sie?
GILBERT FRIZBERG: Wir sind mit unseren Dienstleistungen und Produkten Teil, Umsetzer und Beschleuniger der Energiewende. Da haben wir unter anderem auch mit lokalen Befindlichkeiten zu tun. Die sind auf der einen Seite zu beachten – das ist eine absolute Fairnessfrage. Aber es müssen dann auch Entscheidungen fallen. Und das ist das übergeordnete Thema, unter dem wir leiden: Dass Entscheidungen aufgrund zig Wiederholungen und anderer Hürden in Verfahren und bei Bewilligungen zu lange brauchen …
RICHARD FRIZBERG: … und dass auch die Absehbarkeit fehlt, dass einmal getroffene Entscheidungen tatsächlich halten. Diese Planbarkeit braucht es aber dringend.
GILBERT FRIZBERG: Alles andere lähmt nicht nur die Republik, sondern halb Europa und es gefährdet die Energiewende. Wir haben da eine Art von gelebter Inkonsequenz: Es wird etwas propagiert, aber wenn es zur Umsetzung kommt, erste Widerstände auftreten und Entscheidungs- und Durchhalteängste
dominieren, wird es schwierig. Wir behindern uns da selbst.
RICHARD FRIZBERG: Bei der angepeilten Energiewende schöpfen wir unser Potenzial nicht vollständig aus. Lokale und ideologische Hindernisse behindern oft die Entwicklung nachhaltiger Praktiken, die für das Gemeinwohl von entscheidender Bedeutung sind.
Österreich wird ein Talent für „Gold Plating“ – eine Übererfüllung internationaler Mindeststandards nachgesagt, was in weiterer Folge die Wettbewerbsfähigkeit hemmt. Stimmt das?
GILBERT FRIZBERG: Österreich ist diesbezüglich „sehr präzise“. Wenn bei Vergabeentscheidungen von 6000 Produkten, die ein Angebot beinhalten kann, eines nicht passt, reicht das als formeller Aufhebungsgrund. Das sind Punkte, in denen wir überbürokratisiert sind. Man sieht da weniger den Inhalt dessen, wofür die Regelung da ist, als den Paragrafen, den Nebensatz, den Beistrich. Diese Fehlentwicklungen existieren.
Wie viel Mut braucht es, angesichts dieser Rahmenbedingungen, die Führungsaufgabe in einem Familienunternehmen zu übernehmen?
RICHARD FRIZBERG: Ich bin mit dem Unternehmen aufgewachsen, habe aber den Vorteil, dass nie Druck aufgebaut wurde. Ich hatte nie das Gefühl, hineingedrängt zu werden. Stattdessen konnte ich im Ausland Erfahrung sammeln und wir haben hier gemeinsam professionelle Strukturen und Prozesse als industrienaher Dienstleister aufgebaut, durch die wir dank unserer Innovationskraft gut gerüstet sind und unabhängig davon funktionieren, wer aus der Familie an der Spitze steht.
Wie schwer wiegt der Rucksack der Tradition von fünf Generationen Unternehmensgeschichte, den man mit auf den Weg bekommt?
RICHARD FRIZBERG: Das Denken ist sicher langfristiger als wäre man nur für eine gewisse Zeit in einer Managementposition in einem anderen Unternehmen tätig. Wir haben gewisse Werte und denken in Generationen, können aber nicht starr an etwas festhalten, weil sich alles viel schneller erneuert.
Hat es damals, als sie übernommen haben, mehr Mut gebraucht?
GILBERT FRIZBERG: Mir hat sich die Frage nicht gestellt. Ich bin ins kalte Wasser gesprungen und hatte nur „Begleitschutz“. Das ist heute ganz anders. Es gibt qualifizierte Kollegen und Strukturen, wo man im Team arbeitet. Mein Sohn ist viel mehr in diesem Teamdenken aufgewachsen. Daraus ergibt sich ein Unterschied im Stil und den Methoden. Und das ist gut so.
Gibt es in der Gesellschaft ausreichend Mut zur Veränderung?
RICHARD FRIZBERG: Wir würden uns schon wünschen, wenn es ein bisschen mehr Mut gäbe. Für uns als Unternehmen ist er eine Voraussetzung, aber wir brauchen dafür auch Mitarbeiter, die den permanenten Willen zur Veränderung haben. Wir bieten im Gegenzug ein Umfeld, in dem man sich aktiv einbringen und etwas verändern, entwickeln und mitgestalten kann.